#2 Glück - nur eine Modeerscheinung?

Glück – seit wann soll ich mich mit so etwas befassen? Nur eine Modeerscheinung? Für alle, die die Suche nach dem eigenen Glück für eine Modeerscheinung gelangweilter und verwöhnter Menschen halten, die nichts Besseres mit sich anzufangen wissen, lohnt sich ein Blick quer durch unsere Geschichtsbücher. Seit jeher beschäftigen wir Menschen uns mit der Frage, was es eigentlich ist, dieses Glück und wie wir es erreichen können. Schaut man in der Geschichte zurück, so legten bereits in der Antike und noch weit davor die Menschen viel Wert auf die Untersuchung des eigenen Glücks. Also doch nicht einfach nur “New Age-Gehabe“ oder “Lifestyle-Pflichtgedanke“? Glück, der Weg zum Glück, das Streben nach Glück und sogar das Recht auf Glück wurden in der Geschichte der Menschheit bereits von vielen Menschen, darunter auch Philosophen, große Denker, Geistliche, Forscher und Propheten, als eines der höchsten Güter und teilweise sogar einziger Zweck des Lebens definiert. Wow – anscheinend ist dieses Thema also doch nicht so nebensächlich oder flapsig, wie viele von uns heute denken!
Da lohnt es sich doch, einzelne Theorien hierzu einmal genauer unter die Lupe zu nehmen: So sagte der chinesische Philosoph Lao Tse bereits im 6. Jahrhundert vor Christus: „Ich betrachte Untätigkeit als das wahre Glück, während die Welt sie als großes Unglück ansieht.“ Wenn der Mensch aufhöre, so Lao Tse, dem Glück oder anderen Zielen hinterherzulaufen, dann sei er wirklich glücklich. Ungefähr 563 vor Christus bis 483 vor Christus war es Buddha, der sich mit seinen drei zentralen Lehren von Wahrheit, Liebe und Freiheit ebenfalls mit dem Glück beschäftigte. Der Buddhismus lehrt, dass man im Leben nur glücklich werden kann, wenn man alle Aspekte des Lebens – ob positive oder negative – willkommen heißt. „Es gibt keinen Weg zum Glück. Glücklich-sein ist der Weg.“ Für die griechischen Philosophen Sokrates, Platon und Aristoteles (ebenfalls 5./4. Jahrhundert vor Christus) führte eine tugendhafte Lebensweise zum Glück. Glückseligkeit oder Eudämonie war in ihren Augen das Ziel, auf das alles Handeln ausgerichtet sein soll. Denn nur wer sein Leben gerecht und heilig geführt habe, gelange nach seinem Tod zu den „Inseln der Seligen“, so die Überzeugung Platons. Ganz anders dachte Epikur (4. Jahrhundert vor Christus). Für ihn war Glück das Erleben von Lust und die Abwesenheit von Schmerz. Auch der griechische Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) beschreibt seine Ansicht von Glück mit folgenden Worten: „Glück sei das, was der Mensch um seiner selbst willen anstrebt, und nicht um etwas anderes damit zu erreichen.“ Für den römischen Philosophen Seneca (65 nach Christus) gehörte es zum Wesen des Menschen, nach Glück zu streben. Da nur das Glück für ihn ein inneres und beständiges Gut darstellte, so sei es auch das einzige höchste Gut nach dem zu streben sich lohnt. Das nahmen die Amerikaner direkt sehr genau und verankerten das Recht auf das Streben nach Glück (pursuit of happiness) neben dem Recht auf Leben sowie dem Recht auf Freiheit in ihrer Unabhängigkeitserklärung. Dort steht es seit dem 18. Jahrhundert festgeschrieben und gilt als ein unveräußerliches Bürgerrecht. „We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed, by their Creator, with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty, and the Pursuit of Happiness.” Schauen wir heute auf die Weltreligionen und suchen dort nach dem Thema Glück, so befassen sie sich alle ebenfalls seit jeher auch mit der Frage wie wir denn nun glücklich werden können und bieten uns Antworten in Form von Ratschlägen, Regeln und Geboten. Und dies ja bereits auch seit so vielen hunderten von Jahren. Es scheint also doch so zu sein, dass sich seit Jahr und Tag die Menschen mit dem Glück befassen und Empfehlungen für das Streben zu eben diesem geben. Egal ob es nun die Tipps der Philosophen sind, wie Untätigkeit Loslassen Nächstenliebe Lust und ob diese Sichtweisen unserer eigenen Meinung entsprechen oder nicht. Feststeht, dass es sich lohnt einmal für sich selbst darüber nachzudenken, wann oder wie wir in unserem Leben glücklich sind. Und ob wir diesen flüchtigen und zarten Zustand, der so gern als angenehme und freudige Gemütsverfassung beschrieben wird, vielleicht öfter in unser Leben einladen können. In seinem Buch „Homo Deus“ beschreibt der Autor Yuval Noah Harari die Suche nach dem Glück als eines der größten Menschheitsprojekte der Zukunft, immerhin direkt angesiedelt neben den zwei weiteren, die da nichts weniger als Unsterblichkeit und Göttlichkeit darstellen. Da sollten wir uns also auf einiges gefasst machen! In der Neuzeit gibt es hierfür die sogenannte Glücksforschung, welche beispielsweise in Deutschland erst in den 1980er Jahren durch die Arbeiten des Soziologen Alfred Bellebaum vorangetrieben wurde. Er gründete 1990 das Institut für Glücksforschung. Zum Thema „Wie ein glückliches Leben gelingt“ führt die US-amerikanische Harvard University in Cambridge zum Beispiel seit dem Jahr 1937 eine der aufwendigsten Langzeitstudien der Geschichte durch. Wer hätte das gedacht? Nach Meinung des langjährigen Leiters dieser Studie, dem Psychiatrieprofessor George Vaillant, liegt ein glückliches Leben bis ins hohe Alter zum Großteil in unseren Händen. Horchet auf! Hier ist anscheinend doch die Eigenverantwortung gefragt, und das trotz der unkontrollierbaren Faktoren, die wir nicht beeinflussen können wie dem familiären Umfeld, der soziokulturellen Erziehung oder der Gene unserer Vorfahren. Oder so, wie der Psychotherapeut Thomas Bonath sagt: „Egal wie schwierig unsere Situation sein mag: Wir haben immer eine gewisse Entscheidungsfreiheit und die Möglichkeit, unser Glück selbst in die Hand zu nehmen. Allein diese Perspektive zu verinnerlichen und sich immer wieder daran zu erinnern, macht einen großen Unterschied.“ Das macht doch Hoffnung auf mehr – ein glückliches Leben, auf das wir selbst Einfluss haben! Deine Beate

Weitere Blogbeiträge